Lutz 'Kowa' Kowalewski - Nothing but the bluesAltzella | Tante JU | Longhorn | Unterirdische Welten | Weinkeller | Elbhangfest
Damit lernen Sie Lutz 'Kowa' Kowalewski schon ein wenig kennen.
Seine aktuellen Konzerttermine !
Sobald dieser KOWA seine Akustikgitarre, Dobro oder E-Gitarren in die Hand nimmt, kann ganz einfach nichts anderes herauskommen als ein unbändiger und faszinierender Blues.
Man möchte meinen, selbst mit der Blockflöte bekämen wir dasselbe zu hören. Heute wird nahezu alles, was er anpackt, zum Blues.
Ja klar doch, er kommt aus einem der Südstaaten und lebt heute in einem der anderen. Ein Bluesleben von Thüringen nach Sachsen.
Mit jedem seiner Auftritte macht er sich selbst zur Blueslegende.
Wer Kowa erlebt, wie er seinen Blues auf unnachahmliche Weise zelebriert, bekommt mit jeder Faser zu spüren, was das Besondere dieser Musik ist und warum sich ihrer Wirkung kaum einer entziehen kann.
...wenn er mit seiner rauchigen Gesangsstimme in den Liedern von Begebenheiten des Alltags berichtet, wie wir sie alle so oder ähnlich auch selbst schon erlebt haben und wie er sie mit seinen Gitarren schließlich als zauberhafte Geschichten zu erzählen weiß.
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- 1960 in Rudolstadt geboren und in Saalfeld aufgewachsen.
- Als Knirps mit acht Jahren machte er sich mit einem großen Kasten mit angeschweißten Rädern - vom Vater für sein sperrig großes Akkordeon gebaut - zum Unterricht in die Musikschule auf, quälte am Instrument sich und die Tasten u. a. mit bulgarischen Tänzen. Sein erstes Konzert für einen Kindergarten: Zehn Mark - "...dor Wahnsinn"!
- Bei Carl Zeiss wurde er Präzisionsschleifer. Im zweiten Jahr seines Ingenieurstudiums unfreiwillige Exmatrikulation. Beifahrer, Fensterputzer, Essenausfahrer waren dann aber für so einen, der Blues lebt, kein Problem.
- 1985 gründete er im Thüringenschen Kahla gemeinsam mit Harald du Bellier die "Feedback Bluesband", erfolgreiche Touren in Deutschland, Frankreich, Tschechien und der Schweiz, drei CD's mit vorwiegend eigenen Songs.
- 1987/88 war er dann mal kurz weg: "Bausoldat" in Prora - ganz gewiß kein Jacobsweg zur Besinnung.
- Bühnenerfahrungen und Zusammenarbeit unter anderem mit Louisiana Red (USA), Lil'Howlin'Wolf (USA), Philippe Menard (Frankreich), Carey Bell (USA), Chris Polacheck (New Orleans, USA), Memo Gonzales (Dallas/Texas, USA)
- Seit 1997 in Dresden ist er heute auf den Bühnen zu erleben als "Lutz'Kowa'Kowalewski - Nothing but the blues" mit seiner Akustikgitarre, der Dobro, Blues-Kazoo und Bassdrum. Begleitet wird er seit April 2008 immer öfter von Tim Cross (USA), E-Bass und Kontrabass. Mit Bernd Kleinow, Harp, ist er als "Unlimited Blues" unterwegs. Gemeinsam auf der Bühne mit Tim Cross und Kay Dodt, Drums, sangen und schrien seine E-Gitarren von 2011 bis 2015 einen unbeschreiblichen Powerblues unter dem Namen "Mongrel Blues Band".
Die Jahreszahl seiner Geburt und auch der Ort sind bemerkenswert. Kowa gehört zur direkten Nachfolgegeneration jener legendären Musiker, die ihrerzeit den Blues vor allem in Berlin und Thüringen unwiderruflich in die deutsche Musikgeschichte einbrachten.
Die Rudolstädter Region ist eng mit weltweiter Folklore auf höchstem künstlerischen Niveau verbunden. Das jährliche "TFF Rudolstadt" (Tanz- und Folklorefestival) ist dafür prägend und begann 1955 als "1. Fest des deutschen Volkstanzes". [ TFF Rudolstadt ]
So wird auch jeder nachempfinden können, wie er sich fühlen mußte, als weder er noch einer seiner Lehrlingsfreunde das Geld zusammenbrachten, um 1976 in Warschau eines seiner Idole des "schwarzen Blues" aus dem "Westradio" und von Schallplatten live erleben zu können: Muddy Waters!
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Blues ist durchaus nicht gleich Blues, wenn man ihn hört. Es kommt schon sehr darauf an, wer oder was für einer ihn spielt, bzw., auf welche Weise ein Musiker seinen eigenen Zugang zum Blues erlangt hat! Gerade Kowas Blues hat eine unverkennbare und unwiderstehliche Intensität und Kraft als wäre er selbst wie so viele, die man kennt, in den amerikanischen Südstaaten unterwegs. Woher das kommt läßt sich nicht in einem Satz beantworten oder gar allein musikalisch belegen.
Manch einer mag das Folgende als spitzfindig empfinden. Es sei mir dennoch erlaubt, zwei klitzekleine Episoden kund zu tun, die ich für bemerkenswert halte weil sie in ihrer Spontaneität hervorgebracht als charakteristisch daherkommen dürften: In einem Presseinterview sprach Kowa in einem bestimmten Kontext davon, daß er am liebsten "alte Sklavensongs" spiele. Ein Musikerkollege erklärte, wie er seinerzeit zum Bluesrock kam folgendermaßen: Sein Sportlehrer brachte ihm eine Schallplatte mit. So lernte er erstmals kennen, wie ein gewisser Jimi Hendrix Gitarre spielte. Sein Ehrgeiz war geweckt, ebenso spielen zu können wie diese Woodstock-Legende. Und er demonstrierte allen dann auf der Bühne wie auch er mit der Gitarre hinter Kopf umgehen kann.
Natürlich wollte auch der Lehrling Lutz Kowalewski rasch seine Gitarre beherrschen wie seine Vorbilder. Wichtig wurde ihm allerdings, was er spielte, also, was den Blues in seinen Ursprüngen ausmacht. Das äußert sich z. B. darin, daß er heute als Kowa auf der Bühne sein jeweils nächstes Lied ankündigt, indem er seinen Zuhörern immer auch die interessante kleine Geschichte erläutert, die im englischen Text zusammen mit Hintergrundinformationen steckt. Sein Gitarrenspiel gibt dem Blues den Puls, mit der Geschichte bekommen seine Lieder eine eigene Seele.
Ein Beispiel, das keiner gesonderten Texterklärung bedarf, bei der Mongrel Blues Band gesungen von Tim Cross:
"Just Kissed My Baby" ( Leo Nocentelli)
[ hier abspielen: 05:01 ]
I feel like a king
'Cause I just kissed my baby
And money don't mean a thing to me, no
'Cause I just kissed my baby
Feels so good, ha
That I just kissed my baby
Well, well, well I'm no
'Cause I just kissed by baby
Well, well, well, ya
I know I can't go wrong
All we ever do, ha
Is decide to get along, yeah
...
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Ich habe sie einfach geküßt! Ich fühle mich wie ein König, weil ich sie geküßt habe. Selbst Geld kümmert mich nicht, weil ich sie geküßt habe. Nichts kann ich mehr falsch machen. Mit allem werden wir zurechtkommen...
Was für ein herrlicher Tag war das! Die Zerbrechlichkeit dieses Glücksgefühls wird mit dem Text allerdings genauso offensichtlich. Diesen in aller Lebendigkeit beschriebene Zwiespalt, dem Bedürfnis nach ganz persönlichem Glück belastbar Raum schaffen zu wollen und dann auch wirklich zu können, werden Sie im Blues immer wieder finden.
John Lee Hooker äußerte einmal: "Der Blues existiert, seit die Welt existiert. Der Blues ist die Wurzel der Musik, der Ursprung von Rock `n` Roll und Punk oder was sonst noch. Blues und Kirche - alles ist darum herumgebaut, und alles hat seinen Ursprung dort: Blues ist die Geschichte von Mann und Frau. Der Beginn der Welt. Adam und Eva im Paradies."
Die Wurzel "der Musik" mag übertrieben sein. Sein Weltbild, das er zeigt, muß man nicht teilen. Aber, was er damit ausdrückt läßt kein Mißverständnis zu. Schauen Sie sich um und hören Sie genau hin bei jener Musik, die weltweit unmittelbar dem Leben der Menschen erwächst, mit ihm eng verbunden bleibt, historisch wie tagesaktuell: Im tschechischen Mähren gehen nach wie vor junge Leute in Trachten zum Tanzen ihrer ausgesprochen vitalen Polka; der Flamenco in Andalusien ist mehr als ein virtuos vorgetragenes Gitarrenspiel, Gesang und auch der Tanz erzählen eindrucksvoll ihre Geschichten; die Großtrommel "Taiko", ursprünglich von einfachen Bauern und Fischern in Japan geschlagen; indische Volksmusik, bei der es die Musikrichtung "Bhangra" Anfang der 2000er Jahre bis in den Mainstream der Discomusik brachte... Überall dort "steckt Blues drin"! Selbst, wenn in einem konzertanten Barockstück plötzlich Phrasen eines deutschen Volkstanzes der Bauern auftauchen, klingt das wie ein Stückchen Blues mitten in klassischer symphonischer Musik.
Eine Bemerkung sei mir dazu noch erlaubt, die hilft, den Blues - also auch Kowas Blues - noch besser zu verstehen: Mit all den lebendigen Geschichten, die der Blues uns erzählt, werden Fragen gestellt, die auf die eine oder andere Weise wiederkehren. In der Wiederholung zeigen sie Ihre Bedeutsamkeit für das Leben der Menschen. "Was will und kann ich tun, damit ich heute einen richtig schönen Tag haben kann?" ist so eine Frage, "I just kissed my baby" eine Antwort. Natürlich stellt sich diese Frage auch dem jungen Burschen, der mit anderen an der Tanke 'rumsteht, dem Hochschulabsolventen, der vor sechs Monaten diplomierte und jetzt wieder zu hause bei Mutter in seinem Kinderzimmer wohnt... Fragen Sie das auch einen jungen Franzosen, dessen Kumpel eben von der Polizei erschossen wurde, weshalb in Paris wochenlang Autos brannten, einen Palästinenser, unbedingt auch einen jungen Israeli, der eben seinen Wehrdienst verweigert hat! Die Antworten werden ein konkretes Bild zur gegenwärtigen Beschaffenheit der Welt ausmalen, aber auch Auskunft geben über untilgbare Sehnsüchte der Menschen. Blues verhilft eigenem Denken zu einer Art praktischer Philosophie, tief genug, um das Leben und die Dinge deutlicher zu sehen.
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Inzwischen war natürlich auch er in New Orleans (2001 und 2003), um die Vitalität des Blues dort erleben zu können, wo er in seiner Ursprünglichkeit herkommt.
Hochinteressant für mich nun war, was Kowa im Unterschied zu Musikerkollegen von ihrem Besuch dort als besonders prägende Erinnerung für berichtenswert hielt: Bei einem neugierigen Bummel durch Kneipen- und Cafemeilen hörte er schon von weitem auf der Straße aus einer eher unscheinbaren Kneipe jemanden spielen, wie es ihm ziemlich bekannt vorkam. Und tatsächlich traf er John Fohl (seinerzeit Gitarrist bei Dr. John) mitten unter der Tages- und Stammkundschaft. D. h., einer, der volle Konzerthallen kennt, hatte sich geradewegs zu denen aufgemacht, von deren Leben der Blues im Grunde ja erzählt. Er sucht und schafft den direkten Kontakt zu ihnen. Auch das gehört zum Ursprung allen Blues. So einige der heutigen Blues- und Rockgrößen übrigens fielen mir da als Beispiele noch ein.
Wenn Kowa heute über das Jahr durch Kneipen und Clubs in Sachsen, Thüringen und ganz Deutschland tourt, gehört das zu seiner ganz eigenen Art und Weise, den Blues in aller Leidenschaft zu leben. Und so werden sie ihn musikalisch nie und nirgendwo in einem distanziert konzertanten Auftritt abgehoben erleben. Bemerkenswert, immer wieder auch beobachten zu können, mit welcher Geduld und mit welchem Respekt er sich Besuchern seiner Konzerte widmet, die sich in den Pausen oder am Ende mit den unterschiedlichsten Fragen an ihn wenden, bisweilen auch mit ihren persönlichen Geschichten.
Sollten Sie demnächst Kowas Blues selbst erleben wollen, verspreche Ich ihnen noch eines: Sie werden mit Ihm neben dem Ernst der Dinge zugleich die unbändige Lebensfreude spüren, die der Blues in sich trägt und sich jedem sofort auch vermittelt, ob er denn will oder nicht. Urwüchsigem, oft auch ganz hintergründigem Humor werden Sie begegnen. Und, so werden Sie seine Auftritte immer und überall als ein gemeinsames Feiern genießen können, das Sie wahrlich nicht ruhig auf Ihren Stühlen sitzen lassen wird. Machen Sie sich auf so einiges gefaßt!
Übrigens, jedes Jahr wieder am 24. Dezember werden Sie Kowa im "Blue Note" der Dresdner Neustadt erleben können, also auch die kommenden Jahre. Nur dann 'mal nicht, wenn er aus triftigen Gründen selbst extra absagen muß. Der Chef dort wird ganz gewiß nicht anrufen, ob es denn wirklich dabei bliebe.
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[ "Bye bye, Lübben City" (2004) zeichnet vielfältige Bilder und Szenen dieser Zeit, auch: "Mein Lebensgefühl Rockmusik", Hartmut Helms (2012) oder: "Den Blues haben", Thomas Kochan (2002), fast schon kultig im net: bluser54.de, hoch interessant und tiefergreifend alles, was Michael Rauhut dazu über lange Zeit akribisch zusammengetragen und wissenschaftlich kompetent erarbeitet hat].
Kowas Lebensgeschichte war ja mittendrin. Und ausdrücklich möchte ich festgehalten wissen, daß es sich beim Blues in der DDR nicht zuletzt um hervorragende künstlerische Leistungen handelt, die Kowa noch heute auf seine Weise eindrucksvoll fortschreibt.
Als Schlüssel für diesen kleinen Geschichtshintergrund möge die folgende Aussage dienen: "Nirgendwo wird der Blues besser verstanden als in Texas und in der DDR."
( Alexis Korner zugeschrieben, 1980)
Warum das in Texas (bzw. im "Dixieland") so ist, liegt historisch gesehen quasi auf der Hand. Für die DDR wird die Antwort auf ganz eigene Weise spannend.
Zum Ende der 60er Jahre und deutlicher noch in den 70ern war in Deutschland (also ost wie west) - so könnte man durchaus sagen - der Nachkriegsaufbau wesentlich abgeschlossen. Es begann praktisch ein Leben, das nicht mehr unmittelbar von verheerendem Krieg und seinen Folgen geprägt wurde. Auch waren es jetzt die ersten Genenerationen der deutschen Geschichte, die ihr Leben ohne eigene Kriegserfahrungen und den dazugehörigen "Zwängen der Zeit" in ihre Hände nahmen und selbst zu gestalten begannen. Ihre Bedürfnisse und ihr Blick auf das, was ihnen persönlich wichtig wurde, kamen überall spürbar in Bewegung. Der Raum dafür schien ihnen nun offen.
"Bewegung" und "offen" darf man dabei durchaus gern auch wörtlich nehmen: Symbol für unglaubliche "Reisewellen" waren westlich der Mauer Italien, im Osten war es der Balaton in Ungarn - Italien um einiges eher als der Balaton, was aber unerheblich ist. Mit Käfer und VW-Bus, Trabi und Campinganhänger waren viele ganz persönlich bedeutsame Erlebnisse verbunden. Junge Mode wurde wichtig wie nie, soweit, daß man sich hier im Osten gezwungen sah, mit der Textilindustrie zu reagieren und extra sog. Jugendmodeläden einzurichten. Wir lachten uns über die meisten Sachen da auf den Kleiderbügeln kaputt und unsere Mädels fingen an, ihre Vorstellungen selber zu nähen.
Sich selbst vor allem wichtig zu nehmen und seinen privaten Alltag von jedweden Konventionen freizuhalten wurde überall spürbar.
Das brachte bekanntlich sogar etwas ganz Einmaliges hervor, was nach wie vor von vielen, die selbst nicht dabei waren, mit offenem Munde ungläubig zur Kenntnis genommen aber nie wirklich begriffen wird. In jeder Hinsicht völlig unaufgeregt und tiefenentspannt ließ man hierzulande mit der ganzen Familie auf dem Weg zum Strand einfach die Badeklamotten zu hause, Oma und Opa war die Ausnahme zugestanden. Ich gehe davon aus, das bleibt eine historisch einmalige Episode. Wer darin politischen Widerstand erkennt, sollte zum Neurologen gehen.
Natürlich sind das vorerst nur äußere Blitzlichtbildchen - also eher spontane Selfies, würde man heute treffender sagen. In ihrer ganzen Tiefe hatte hierzulande immer wieder die Kunst beeindruckend überzeugende Bilder und feinfühlige Geschichten zu den sich neu entfaltenden Bedürfnissen im Leben der Menschen in der DDR aufgezeigt. Herausragend z.B. Plenzdorfs "Die neuen Leiden des jungen W." (Prosafassung 1972). Ein wahrer Bestseller unter der DDR-Jugend dieser Zeit. Stefan Hermlin meinte, es sei "ein Gleichnis jugendlichen Denkens und Empfindens in unserer Zeit und in unserem Land" (ebenda), bishin zur Sprache der Jugend damals, die drin steckt.
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Zuvor aber kleine Anmerkungen zum sog. Kultfilm "Die Legende von Paul und Paula" - auf ganzer Linie quasi ein "verfilmter DDR-Blues"!
Je länger die Erstauffürung zurück liegt (29. März 1973), umso mehr bleibt daran oft nur oberflächlicher Ostalgiekult übrig.
In diesem Film kämpft eine kleine einfache Frau, die über den Tag hinweg hinter einem Fensterchen mit der Flaschenrücknahme beschäftigt ist, tapfer um ihre Liebe, um ihr ganz persönliches Glück, das sie über alles stellt, sogar über ihren Tod, der ihr mit der Geburt des nächsten Kindes droht. Ihr Paul muß im Außenhandel für das "sozialistische Wohl" sorgen, lebt privat in so ziemlich "muffigen" Familienbeziehungen, aus denen sie ihn am Ende durch ihre Liebe herauszieht.
Die heute am meisten herausgestellte, allzuoft aber am wenigsten verstandene Szene war eine opulente Liebesszene auf einem offenen Spreekahn, fiktiv mit allerlei gaffendem Volk drumherum: "Wie kann man nur sowas...". Eine Frau Mira, ihreszeichen Volksschauspielerin, meinte monieren zu müssen, daß Paul als Liebhaber mit dem "Charme eines Holzpferdes" auf der Leinwand daher kam. Wahrscheinlich wäre ihr eine Art Roy Black in strammen Lederhosen als ein Bergdoktor lieber gewesen. Auf die Idee, daß dieser Glücksanspruch auch für den ungeschicktesten und häßlichsten Menschen der Welt gelten dürfe, kommt sie in ihrer Heidi-Welt nicht mal im Traume. Eine zweite Szene kurz noch: Mit zwei Eimerchen schleppt Paula einen riesigen Kohleberg von der Staße bis zum Hinterhaus in den Keller. Dabei wird sie von einer Nachbarin mit ziemlich Belanglosem angesprochen. Nur wer solches Tun zweimal im Jahr leibhaftig kennt, kann wissen und empfinden wie man sich fühlen muß, wenn man dabei auch noch angesprochen wird!
Anders Paula, beflügelt in ihrem Glück geht sie in aller offenherzigen Freundlichkeit und mit geradezu ansteckender Heiterkeit auf die Nachbarin ein. Die Mühen der Schlepperei waren ihr belanglos.
Mit vielen einprägsamen Szenen gibt dieser Film eine ganze Reihe ausgesprochen optimistischer Hinweise, wie tatsächlich und mit den Menschen gemeinsam eine neue Gesellschaft möglich werden kann:
Laßt ein solch bedingungsloses Festhalten am eigenen Glück ganz einfach zu, es wird so unglaublich viel bewegen können. Erschüttert wird dieser Optimismus am Ende auch nicht durch den Tod Paulas, im Gegenteil.
Damals jedenfalls wurde der Film hierzulande sehr gut verstanden. Man wußte ganz genau, es waren alles Hinweise, die ausdrücklich so völlig anders aussahen als jene Vorstellungen, die mit vielfach geclonten Ostrowskischen "Helden des sozialistischen Aufbaus" vom Schlage eines Pawel Kortschagin verbunden waren. Erschüttert wurde dieser Optimismus von etwas ganz anderem: Wieder einmal brach mit dem Aufführungsverbot des Films die ganz offensichtlich stets latente panische Angst der agierenden "Machteliten" vor der künstlerischen und übrigens auch der wissenschaftlichen Intelligenz, vor Macht- und Gesichtsverlust durch sie in aller Offenheit durch. Die Wirkung künstlerischen Schaffens schien ja handgreiflich, obwohl es eigentlich das Leben der Menschen war, das die von der Kunst formulierten Fragen stellte. Den einen und anderen konnten sie dann aus seinem Land herausdrängen. Manchem hatte man auch den Mut nehmen können, ungezwungen weiter zu arbeiten. Und so einige Gegner hatten sie sich damit selbst erst produziert. Die Folgen blieben irreparabel, gegen sie selbst am Ende.
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Mit dem Blues hatte es für eine Reihe von uns jungen Leuten damals, so wie wir halt waren und dachten - darf ich an dieser Stelle so sagen - etwas ganz eigenes auf sich. Lassen Sie mich dazu zunächst ganz kurz etwas von mir selbst erzählen. So komme ich nicht in Verlegenheit, über andere urteilen zu müssen. Viel zu nahe ist die Geschichte noch, als daß man sich heraushalten und über andere von oben herab dozieren dürfte.
Als ich mein Studium begann, sollte jeder sofort sehen, wer und wie ich bin: Hier kommt einer daher, der sein Leben spätestens ab jetzt selbst in seine Hände nimmt und absolut keine Lust hat, irgendwo im Gleichschritt zu laufen! (Übrigens: Lehrerstudium war ein guter Weg, um an der Wehrpflicht vorbei zu kommen) Völlig "unsozialistisch" mit Hebammenkoffer - gefunden in der Bodenkammer der Nachbarin, Jesuslatschen, Jeans, unbedingt und aus Überzeugung (leider waren keine "echten" - 501 mit Knöpfen vorne - im "Westpaket", dafür aber wieder jede Menge Knorr-Tütensuppen). Plenzdorfs Edgar Wibeaus sprach es aus: "Jeans sind keine Hosen, sie sind eine Weltanschauung!". Später hatte ich sehen müssen, daß ein Fünfzigjähriger so etwas trug, damals unfaßbar für mich. Heutzutage hab' auch ich die noch immer an. Parka, auch "Studentenkutte" genannt, hätte ich haben können... aber viel zu uniform für mich, hatten einfach zu viele am Leib, also Umhang aus der Mottenkiste, seinerzeit noch nicht so üblich wie heute. Und der Studentenalltag ging bisweilen auch erst richtig nach der letzten Vorlesung los. Wir alle konnten uns das leisten, bei einer Mark pro halbem Liter und zehn Mark Internatsmiete im Monat. Das alles war Ende der 60er Jahre noch längst kein Grund zur Exmatrikulation, aber spüren konnte ich schon, daß man von verschiedenen Seiten meinte, an mir herumerziehen zu müssen. Nur meine Frau, noch "in spe" und FDJ-Sekretärin, versuchte es gar nicht erst. Vielleicht auch ein Grund, warum wir nun über 40 Jahre zusammen sind. Man gab uns maximal drei Jahre, keiner ahnte, wie gleich wir letztlich waren: wir rebellierten gemeinsam ziemlich kämpferisch gegen Bestehendes an der Uni. Ja, sogar mit Erfolg ( "Blutige Erdbeeren" [ hier die meist bekannten Schlußszenen] ist stimmungsmäßig noch heute unser beider Lieblingsfilm). Vielleicht habe ich aber auch nur nicht mitbekommen, was ihr über die lange Zeit alles erzieherisch doch noch gelang oder sie bis heute verzweifeln läßt.
Jeder hat unterschiedliche Onkel und Väter. Noch als Schüler bekam ich vom Onkel den Jazz von einem Festival auf einer polnischen Schallplatte. Später machte ich mir meine "Kopfkonzerte" (Augen zu und einfach hören) u. a. mit Albert Mangelsdorf. Die intensivere Beschäftigung mit dem Jazz, woher er kam, brachte mich zum Blues. Die Inhalte der Lieder wurden mir wichtig und paßten zu meiner Lebenseinstellung und zum Blick, mit dem ich die Welt aus meinem Gerechtigkeitsverständnis heraus in meinem Denken sah. Die Musik trug mein Empfinden. Eine Stefan Diestelmann-Platte war selbstverständlich dabei. Nahezu alle Musik, die ich auch heute höre, trägt immer ein Stück weit Blues (auch Adele oder Portishead z. B.). Was "Kantiges" oder Eigenes hatten junge Bluesverrückte damals tatsächlich an sich und "kultig" war uns Blues schon auch.
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Dieses unter der Jugend verbreitete "yea yea yea und wie das alles heißt..." (Ulbricht) der 60er war mit dem, was ihm mit Rock, der Bluesszene und "Flower Power" folgte, letztlich nirgendwo auf der Welt mehr aufzuhalten. Bekanntlich trug das dann in den USA sogar ziemlich unmittelbar dazu bei, den Vietnamkrieg zu beenden. [siehe auch: Rockmusik im Jahr 1968]
Nahezu überall in der DDR haben junge Leute zur Beat Ära begonnen, selbst die Musik ihrer Idole nachzuspielen - auch ich mit Schulfreunden. So einige Amateurbands traten an Wochenenden in Kulturhäusern der Kleinstädte und Dorfkneipen auf, einzelne schafften es später als Profis bis in den Mainstream. Natürlich fand an den Wochenenden nicht in allen Dörfern und Kleinstädten des Umlandes gleichzeitig "Tanzveranstaltungen" mit jener Musik statt, die man täglich im Radio hörte. Insbesondere über die Woche arbeitende Jugendliche reisten ihnen nahezu jedes Wochenende nach. Man kannte sich, war unter sich, eine eigene Fangemeinde. Von nicht wenigen wurde das schließlich auch in bewußter Abgrenzung zu den FDJ-organisierten "Jugend- und Studentenklubs" betrieben, die sich ausbreiteten. Man kann das allerdings nicht so ohne weiteres und von vornherein als politisch motiviert sehen, wenn man weiß, daß die staatliche Kontrolle in den "Klubs" durchaus nicht so restriktiv war, wie man vermuten mag. Aber, die "Klubs" hatten ihre eigenen sog. Ordnungsgruppen, die sicherstellen wollten, daß ihre selbst entworfene und gestaltete Freizeit unangetastet blieb. Die Wochenendreisen trugen so auch ein Stück weit bewußter Nonkonformität Jugendlicher untereinander in sich.
Über Coverversionen einiger Rocklegenden der Woodstock Ära, mit denen sie auf die "schwarze Musik" als Quelle ihres Rock aufmerksam machten, kam der Blues in die Musikwochenenden und europäische Ausdrucksformen der Hippie- und Rockkultur der späten 60er in den Fanalltag. Manche blieben musikalisch beim Stil der Covervarianten. Eine ganze Reihe beschäftigte sich intensiv mit den Originalen und widmete sich ganz dem ursprünglichen Blues. Sie alle fanden ihre Fans, die mit ihnen Wochenende für Wochenende gemeinsam ihre Musik und eine ziemlich eigene Lebensweise zelebrierten. Die "Tramper", "Blueser" oder "Kunden", wie sie sich selbst nannten, wurden zu einem ähnlich DDR-typischen Phänomen, wie es jene Badestrände waren, die kaum Platz für Textilien ließen.
Der Songtext von "Bye, Bye Lübben City" (der Band "Monokel") kommt durchaus einer Hymne nahe und lieferte auch die Rechtfertigung für ihren speziellen Nonkonformismus:
Er hat die Kilometer noch in den Knochen
Und die Andern kommen aus dem Fernsehhaus"
Als man das "American Folk Blues Festival" immer öfter in die DDR holte (erstmals 1964), nahm die Hinwendung zum Blues unter der Jugend insgesamt fast schon "mainstreammäßig" zu. Daran hatte auch das "Tanz- und Folklorefestival Rudolstadt" seinen Anteil. Ihren Höhepunkt fand die Bluesbegeisterung in den 80er Jahren.
Zum Ganzen gehört allerdings auch: Im Verständnis der Staatsorgane bedeutete das "sub" im Begriff "Subkultur" schon immer und vor allem "subversiv", insbersondere, wenn es die Jugend betraf. Die Jugend "zu verlieren", bedeutete Ihnen den größten Einfluß- und Machtverlust. Neben der oben gezeigten "kulturpolitischen Eiszeit" bekamen nicht wenige eine sehr restriktive innenpolitische Machtpräsenz zu spüren. In der Folge gab die Kirche jungen Leuten Raum, u. a. mit sog. "Bluesmessen". Niemanden wird es also wundern, daß in dieser Auseinandersetzung dann bald auf immer mehr Parkas, Kutten der Studenten und anderer, symbolische Aufnäher "Schwerter zu Pflugscharen" auftauchten. Eine lebendige Form des Pazifismus im Kontext der Raketenstationierung und der aktiven Opposition hierzulande. Das noch genauer zu beleuchten, möge anderen an anderer Stelle vorbehalten sein.
Aber festzuhalten bleibt allemal: Musik der Jugend und auf seine ganz eigene Weise der Blues waren hierzulande keineswegs bloße Nebengeräusche der hohen Wellen dieser Zeit. Blues wurde selbst zu einer der bewegenden Wellen - wie die Kunst in der DDR generell, lange bevor montags viele auf die Strassen gingen.
Wer also in der DDR den Blues selbst spielte, lebte und erlebte eine allemal "verrückte Zeit" auf sehr intensive Weise mit seinem Publikum gemeinsam. Ich bin mir ziemlich sicher, wenn Kowa beim Spiel manche Zeiterinnerungen kommen, wird seine Stimme noch kräftiger und sein Gitarrenspiel noch intensiver.
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"Shake your Moneymaker" (Elmore James) 7:28 | "San Francisco Bay Blues" (Jesse Fuller) 4:23 | "Million Miles away" (Rory Gallagher) 5:19
(Zum Vergrößern Bilder anklicken)
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"My sweet pretty Baby" (Lutz Kowalewski) 4:38 | "Just a little bit" (Rosco Gordon) 4:32 | "Long handled shovel" (Traditional) 4:14
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"Altenberga Village" 3:41 | "Kazoo Boogie" (Lutz Kowalewski) 3:18 | "Last fair deal" (Robert Johnson) 2:38
Longhorn Seite 2
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"My Guitar Dream" (Lutz Kowalewski) 5:05 | "We have a cat" (Lutz Kowalewski) 3:51 | "People get ready" (Curtis Mayfield) 4:00
Longhorn Seite 1
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"Honey hush" (Lowell Fulson) 4:24 | "Mustang Sally" (Mack Rice) 5:37 | "Dead Stray Dog" (Louisiana Red) 7:26
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"Walking Blues" (Robert Johnson) 4:13 | "My Babe" (Willie Dixon) 5:48 | "Boom Boom" (John Lee Hooker) 6:01
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Den Blues haben... (Die folgenden Bilder öffnen Slideshows mit Musik der Mongrel Bluesband in neuen Fenstern)